Erzählungen der Warli Adivasi                           in Thane, Maharashtra

Geschichten aus dem Dschungel

Gesammelt, bearbeitet und übersetzt von Pradip Prabhu und Shiraz Bulsara

r Kashtakari Sanghatna

2016, 58 Seiten, 13,00 Euro, ISBN 978-3-945191-08-8

Die in diesem Buch versammelten Geschichten, Fabeln und Parabeln sind Bestandteil der mündlichen Überlieferung der Warli, eines der über 600 Stammesvölker (Adivasi) in Indien. Die Warli zählen rund 300.000 Menschen und leben unter anderem im Distrikt Thane, nordöstlich von Mumbai. Die Warli sind in Europa vor allem durch ihre bildhaften, rituellen Darstellungen bekannt, die von Frauen traditionell zu Anlässen wie Hochzeiten oder Erntefesten an die Außenwände der Lehmhäuser angebracht wurden. Inzwischen malen viele Warli auf Papier, weiterhin in den traditionellen Formen, und bieten sie zum Kauf an. Acht solcher Bildzeugnisse sind im Buch abgedruckt.

 

Das Hauptaugenmerk des Buches richtet sich jedoch auf die Geschichten der Warli und kreist um Adler, Schwein, Katze, Hund, Mäuse, Frösche oder Beutelratte und erinnert in seiner Symbolik vielfach an deutschsprachige Märchen. Vergleichbar handeln die „Geschichten aus dem Dschungel“ von den Fährnissen des täglichen Lebens, dessen Weisheit sich dem oder der Klugen offenbart, und den moralischen Grundfesten der (Warli-)Gemeinschaft. So ist es sträflich, im Miteinander Tricks anzuwenden, die Schwäche des anderen auszunutzen oder die Natur fahrlässig zu behandeln. In einer egomanisch und auf Plünderung orientierten Gesellschaft mag dies belächelt werden. Im Wissen um die immer wieder notwendige Mühe, Gemeinschaft und Gesellschaft humanitär formen und organisieren zu wollen, spiegeln die Geschichten der Warli allerdings einen essenziellen Bestandteil dieses Bemühens wider. Das ist quasi der reichhaltige Nebeneffekt für Nicht-Warli.

 

Die ursprüngliche Absicht der Organisation der Arbeitenden (Kashtakari Sanghatna), die diese Geschichten zusammengetragen hat, bestand darin, durch die Wiedergabe in schriftlicher und bildlicher Form das traditionelle Wissen der Warli für die Stammesgesellschaft selbst neu zugänglich zu machen. Die mündlichen Überlieferungen wie auch die Bilder aus Papier sind vom Abgleiten in die Folklore bedroht, denn der Assimilationsdruck unter den Warli ist hoch. Das Buch, das zu jeder Geschichte Hintergrundinformationen liefert, ist jedoch nicht nur „pädagogisch wertvoll“. Die Geschichten sind einfach unterhaltsam und entführen in die für Europäer exotische Fabelwelt der Warli. Ob beabsichtigt oder nicht: auch das Blättern im Längsformat des Buches, die erdfarbenen Farbtöne des Einbands und der Druckseiten vermitteln den Eindruck, den Warli beim Erzählen direkt über die Schultern zu schauen. „Verweile“, sagt das Buch.

 

Theodor Rathgeber, literaturforum-indien.de


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